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Die Ochsenfurter Revolte am 10. März 1777

 

Wein machte die Soldaten mutig     10.03.2002  18:21

Ochsenfurt.  Schauplatz einer Revolte war Ochsenfurt vor 225 Jahren: Am 10. März 1777 desertierten Truppen mit Hilfe der Ochsenfurter, die in den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg ziehen sollten.

Die Ochsenfurter Revolte vor 225 Jahren

Im Jahr 1776 ergriff England militärische Maßnahmen, um die Selbstständigkeits-Bestrebungen seiner nord-amerikanischen Kolonien zu unterbinden. Als der Kontinental-Kongress am 4. Juli 1776 die Kolonien zu unabhängigen Staaten erklärte, rüstete England zum Krieg.

Da England selbst nicht über eine genügend große Streitmacht verfügte, sah es sich nach Hilfstruppen um. Es schloss Verträge auch mit deutschen Fürsten und Landgrafen. Am 1. Februar 1777 auch mit dem in den brandenburgischen Landen in Franken regierenden Markgrafen Christian Friedrich Karl Alexander von Ansbach-Bayreuth auf Gestellung eines Corps von 1 200 Mann Infanterie, bestehend aus zwei Regimentern Infanterie mit je zwei Feldgeschützen, Kanonieren und einer Kompanie Jäger.

Regiment in roten Hosen

Der Markgraf schickte bis Kriegsende 2354 an die englische Krone. Dafür erhielt er eine jährliche Entschädigung von 11 250 Pfund. Die Truppen sollten vom 10. März an auf Mainbooten nach Dordrecht eingeschifft werden. Jedes Infanterie-Regiment bestand aus einer Grenadier- und vier Musketier-Kompanien. Am Abend des 9. März 1777 erfolgte die Einparkierung in Ochsenfurt. Die Jäger des Fichtelgebirges und die Bauern des Rangaus schickten sich in das Unvermeidliche. Die Regimenter waren mit roten Hosen, blauen Röcken mit roten Aufschlägen und gelben Westen bekleidet.

Die Ausgehobenen lebten offenbar zum Teil in wirtschaftlich jämmerlichen Verhältnissen und mancher war wohl froh, dass er da heraus kam. Der Sold, den sie erhielten, half ihren Familien das tägliche Leben etwas zu erleichtern. Bei diesem Menschenhandel gibt es aber nichts zu beschönigen.

Am 9. März marschierte man nach Ochsenfurt. Die Truppen in wurden sie in die Mainschiffe verladen. Am 10. März 1777 vormittags gab es in Ochsenfurt unter den Soldaten eine Rebellion. Sie weigerten sich, sich in so unwürdiger Weise auf den Schiffen zusammenpferchen zu lassen und verlangten, wieder ausgeschifft zu werden. Dies geschah auch.

Flucht in die Weinberge

Als sie nachmittags wieder eingeschifft werden sollten, fügte sich wohl das Ansbacher Regiment, nicht aber das Bayreuther. Die Leute dieses Regiments liefen davon in die umliegenden Weinberge, in der Absicht, sich wieder in ihre Heimat zurückzubegeben. Schuld an der Aufregung der Soldaten sollen Enge, Kälte, mangelhafte Verpflegung und der Frankenwein gewesen sein, der allzu reich von den Ochsenfurter Bürgern gespendet worden war. Die Unzufriedenheit sei aber auch durch die "Hetze" der über den Menschenhandel empörten Ochsenfurter Bürger mit freigiebigst gestifteten Weinkrügen geschürt worden, so dass sich einige mit Rausch und Krach auf die Socken machten, via Heimat.

Gegen die Widerspenstigen wurde die Jäger-Kompanie eingesetzt. Es kam zu einem Feuergefecht, bei dem ein Mann des Bayreuther Regiments getötet und zwei verletzt wurden. Schließlich gelang es, die erhitzten Gemüter zu beruhigen. Doch fehlten beim Verlesen der Namen noch 40 Mann eines Regiments. Ein Teil der Ausreißer hatte sich ins Kloster Tückelhausen geflüchtet.

Die Ausreißer wurden zumeist wieder aufgegriffen und den eingeschifften Truppen nachgeschickt.

Von den Vorgängen in Ochsenfurt erhielt der Markgraf durch eine Depesche in der Nacht des 10. März in Ansbach Nachricht. Er ließ sofort sein Pferd satteln und ritt nach Ochsenfurt. Er ließ die Regimenter antreten, sprach ihnen gut zu, erkundigte sich nach ihren Beschwerden. Er versprach den an der Meuterern Vergebung, wenn sie nach Amerika gingen. Daraufhin ließen sich die Regimenter ohne Murren einschiffen.

Gehorsam verweigert

Der Ochsenfurter Chronist, Johann Baptist Kestler, notierte folgendes: "In dem amerikanischen Kriege hatte England vom Markgrafen zu Ansbach und Baireuth Truppen erkauft. Diese, 1 500 Mann stark, kamen am 9. März hier an und sollten am folgenden Tage auf 20 Schiffen des Wehrmeisters Oehninger nach Würzburg geschafft werden. Vor der Abfahrt entstand aber unter ihnen eine Meuterei; es waren vorzüglich die baireuther Soldaten, welche dem Commandanten, Freiherrn von Eyb , allen Gehorsam verweigerten. Sie sprangen aus den Schiffen, desertierten, man gab Feuer auf sie, da und dort stürzte einer der Flüchtlinge zu Boden, man holte sie ein und brachte sie wieder zu den Schiffen zurück. "

Allerdings wagte man die Ansbacher nicht, wie andere Hilfstruppenteile, mit acht Mann in einer Kajüte zusammenzupferchen, sondern vier Mann beisammen, zwei Betten übereinander, jeder Bursch hatte ein Maträtzlein, ein Kopfpolster und zwei englische Decken.

Die gefahrvolle und unbequeme Fahrt auf den englischen Segelschiffen über das Meer muss für die fränkischen Landeskinder schrecklich gewesen sein. Leutnant von Freilitzsch schrieb in sein Tagebuch: "Wir waren alle krank. Ich wünschte mir auf unserer Reise der ärmste Tagelöhner zu sein. Gott bewahre einen vor der See." Nach elf Wochen kam die neue Welt in Sicht. Am 3. Juni 1777 gingen die Transportschiffe in New York vor Anker. Die Reise hatte fast drei Monate gedauert.

Schließlich mussten am 19. Oktober 1781 die britischen Truppen kapitulieren. Ein Großteil der Franken geriet in amerikanische Gefangenschaft. Bei schlechter Verpflegung und unzureichender Bekleidung mussten die Gefangenen unter schlimmsten Entbehrungen leben und viele Opfer beklagen. Am 20. März 1783 erreichte sie die Botschaft, dass sie in die Heimat zurückkehren könnten. Am 15. Mai erfolgte der Abmarsch. Am 6. August wurden die markgräflichen Regimenter eingeschifft. Anfangs November 1783 kamen sie in Bremerhaven an - ohne ihre Regimentsfahne. Die war in den USA geblieben. Sie wurde erst kürzlich in einer Kapelle der Militärakademie Westpoint gefunden. Anhand einer Fotografie haben Bayreuther Geschichtsfreunde die Fahne nachsticken lassen.

Freie Bürger

Die Soldaten traten den Fußmarsch in die Heimat an. Es kehrten nur noch 1379 Männer zurück. Von den rund 1000 Männern, die fehlten, sind in den sechs Kriegsjahren ein Drittel gefallen, ein Drittel an Krankheiten gestorben und ein Drittel in Amerika geblieben, um das zu werden, wogegen sie eigentlich hätten kämpfen sollen: freie Bürger.

Von Kreisheimatpfleger  PETER  HÖGLER

 

 Anmerkung:  Über die "Ochsenfurter Revolte" und deren geschichtlicher Entwicklung
                        hat Kreisheimatpfleger Peter Högler eine ausführliche Studie verfasst.
                       
Nachzulesen ist diese in der Zeitschrift für Fränkische Landekunde und
                        Kulturpflege "FRANKENLAND". Heft 1- Februar 2002  54. Jahrgang.
                       
Verlag Frankenbund Hofstraße 3 97070 Würzburg
                       
Tel.:  0931 / 5 67 12   -   Fax:  0931 / 5 67 12

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Vor 225 Jahren war Ochsenfurt Schauplatz einer Revolte: Soldaten, die nach Amerika ein-
geschifft werden sollten, riefen zur Meuterei auf. Kreisheimatpfleger Peter Högler (links)
und Horst Lochner (Bayreuth) zeigen eine Nachbildung der Bayreuther Regimentsfahne,
die vor einigen Jahren in der Kapelle der US-Akademie Westpoint gefunden wurde.
FOTO LINDNER

Am 6. Februar 2003 ist Schulamtsdirektor a. D. und Kreisheimatpfleger Peter Högler
im Alter von 68 Jahren verstorben.
So sei ihm auch an dieser Stelle ein ehrendes Gedenken gewidmet. 
 
ARMIN OECHSNER

Einen Vortrag über die Ochsenfurter Revolte von Manfred Hinkelmann anlässlich des Tages des offenen Denkmals 2005 finden Sie hier.