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"Herbig's - Haus"  am  "Herbig's - Bergle"     06.09.2002  11:33

Ochsenfurt.  Vielen älteren Ochsenfurtern sind die Begriffe wie "Herbig's - Haus" und "Herbig's - Bergle" noch geläufig. Um dem raschen Vergessen entgegen zu wirken, hat Christl Kutschera-Oechsner ein Erinnerungsschild an der renovierten Fassade ihres Elternhauses, der Hauptstraße 21, anbringen lassen.

Foto: Helmut Rienecker

Das Ochsenfurter Bürgermeister-Haus

Haus Nr. 382 - "eine Behausung im oberen Viertel" - lautet in Archivalien des 18. Jahrhunderts die Lagebeschreibung. Dazu war noch zur besseren Lokalisierung die "Anstößer" Karl Knauer und gemeine Gassen hinzugefügt.

Die fortlaufende Hausnummerierung, beginnend beim Anwesen der ehemaligen Metzgerei Lanig (heute NKD) neben dem Rathaus gelegen, mit Nummer 1 und endend beim Neuen Rathaus mit Nummer 452, wurde erst 1816 eingeführt.

Deshalb orientierten sich die Bürger bis zur Einführung der einzelnen Straßen- und Gassen-Nummerierung (erst nach 1945) an markanten Gebäudenamen, öffentlichen Plätzen und Brunnen, Handwerkern, Gastwirtschaften und Geschäften.

Im 17. Jahrhundert waren im Haus Nr. 382 die Wohnungen von Ratsherrn und Messner von St. Andreas. Der 1813 in Dettelbach geborene Johann Georg Herbig landete auf seinen Lehr- und Wanderjahren bei dem Posamentiermeister Mathias Gebhard in Ochsenfurt. Nach Ablegen der Meisterprüfung als Posamentierer (s. Kasten) heiratete er 1835 die zwischenzeitlich verwitwete Martha Gebhard und wurde in die Gewerbematrikeln eingetragen.

Ab 1851 war Herbig Magistratsrath und ab 1865 bis zu seinem Tode 1877, Bürgermeister der Stadt. Das inzwischen zu einem textilen "Kaufhaus" für Ochsenfurt gewachsene Geschäft, mit Eintrag ins Firmenregister des "Königlichen Handelsgerichts", wurde dann von seinem Sohn, J. G. Herbig jun.,  weitergeführt.

Dessen Tochter Gretchen, verheiratet mit Richard Oechsner, dem Holzhändler und Weinwirt vom "Goldenen Roß", (in der ehem. Würzburgerstraße 239, heute Brückenstraße 14, gelegen), verkaufte das Anwesen 1918 an den Bankier Simon Böck, dem späteren Schwiegervater von Dr. Martin Oechsner, der wiederum von 1956 bis 1972 Bürgermeister von Ochsenfurt war.

Nach seiner Heirat wohnte Dr. Oechsner mit seiner Familie in diesem Hause und führte dort auch seine Arztpraxis. Die Handlungsweise beider Bürgermeister-Persönlichkeiten, J. G. Herbig und Dr. M. Oechsner, war geprägt von Idealismus und Heimatliebe für die Stadt Ochsenfurt, zum Wohle aller Bürger und dem Gemeinwesen.

Beiden Bürgermeistern und Ihren zukunftsbezogenen Leistungen für die Stadt, in verschiedenen Epochen von fast 100 Jahren Zeitunterschied, ist durch dieses Hausschild ein Zeichen des Erinnerns gesetzt.

In diesem Zusammenhang verdient auch der Sohn Bürgermeister Herbigs, J. G. Herbig jun. Erwähnung. Er hat das kommunale Engagement seines Vaters in gleicher Weise fortgesetzt. Als "Magistratsrath", Mitbegründer und "1. Commandant" der Freiwilligen Feuerwehr Ochsenfurt 1868, Kirchenpfleger und Denkmalschützer und passionierter Stadtchronist, um nur einige seiner vielseitigen im Gemeinwohl stehenden Funktionen und Aktivitäten zu nennen. 1840 geboren verstarb er allzu früh bereits mit 55 Jahren 1895.
Von Armin Oechsner

                             

 

„Herbig´s - Haus“  am  „Herbig´s - Bergle“

Renovierte Nordfassade mit Aufgang zum

Kirchplatz, ehem. Friedhof
 um die Stadtpfarrkirche St. Andreas

Foto: W. Burgard

 

 

 

Posamentier    06.09.2002   11:33

Das Stichwort

Das Wort Posamentier entstammt dem französischen "Passamentier", zu deutsch Bortenwickler, Bortenmacher. Gefertigt wurden Borten, Litzen, Fransen, Quasten, Tressen, Gimpen, Galons, Rosetten, Flechtwerke aus Schnüren und Kordeln. Zur Verwendung im kirchlichen Bereich, an Messgewändern, Fahnen, Schellenbezügen, Leuchter, Lampen. Verzierungen an Polstermöbeln, Vorhängen, Trachten, Uniformen, Knöpfen.
Die Herstellung erfolgte per Hand, dem Bortenwirk- oder Posamentierstuhl, der Klöppelmaschine und dem Drehrad. Das Material war vorwiegend verschiedenfarbige Seide.

Am  4.08.1841 erfolgte die Neugründung des Gewerbevereins der Posamentierer, Färber, Tuchscherer, Strumpfwirker, Hutmacher und Buchbindermeister im königl. Landgerichtsbezirk Ochsenfurt, nachdem diese Gewerbe seit 1836 dem Weberverein zugeordnet waren. Ein weiterer Posamentier in Ochsenfurt hieß Carl Fesenmeyer.

Der Ausbildungsberuf  "Posamentier" wurde 1969 aus der Handwerksrolle gestrichen. Die letzten Vertreter dieser Handwerkskunst in unserer Region dürften Vater Gustav und Sohn Oskar Dorbath in der Karmelitenstraße in Würzburg sein.

Armin Oechsner