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"Ein fließendes Wasser an einer Furt"   06.09.2002 11:33

Ochsenfurt.   Erst in jüngerer Zeit ist es gelungen, die Bedeutung des Ochsenfurter Stadtnamens weitgehend zu entschlüsseln.

Um die Herkunft des Namens "Ochsenfurt" ist schon viel gerätselt worden

Woher kommt der Name "Ochsenfurt"? Immer wieder wird diese Frage gestellt. Viele haben sich mit der Deutung des Namens beschäftigt. Nach den Erkenntnissen der Sprachwissenschaft wurde der Name, unter Zuhilfenahme vorhandener Urkunden, auf seine Herkunft untersucht.

Johann-Baptist Kestler, der Ochsenfurter Chronist schrieb 1844 in seiner "Beschreibung von Ochsenfurt" (Seite 2): "Die Benennung weiset zugleich auf die Art der Entstehung des Ortes hin. Hier hatte der Main eine seichte Stelle (Furt), geeignet zum Hinübertreiben des Rindviehs, womit einst hier starker Handel betrieben worden ist". Seine Hinweis auf das Stadtwappen, ein Ochs, der den Fluten entsteigt, unterstreicht seine Meinung.

Erste Fähre schon um 1100

Ochsenfurt wird schon in einer Handschrift aus dem neunten Jahrhundert, im Zusammenhang mit einer Kirchenweihe, in "Martyrologium Bedae" erwähnt, mit "Ohsnofurt", in einer Lebensbeschreibung des hl. Bonifatius, die im Kloster Fulda um 1063/66 überarbeitet wurde, "Ohsnofurt" genannt. Beide Notizen reichen bis in eine Zeit zurück, in der Handel mit Rindern in einer Gegend noch nicht stattgefunden hat, zumal der Main, der in dieser frühen Zeit wesentlich breiter und wahrscheinlich auch viel tiefer war, damals die Durchquerung einer Rinderherde nicht zu ließ.

Bereits im Jahre 1103 wird von einer Fähre gesprochen im Zusammenhang mit einer Schenkung des Diemar von Röttingen an das Kloster Hirsau. Von namhaften Forschern wird angenommen, dass schon im 12. Jahrhundert eine Holzbrücke in Ochsenfurt den Main überquerte, also in der Zeit, in der hier eine Ansiedlung sich ständig vergrößerte und an Bedeutung gewann, so dass eine Fähre, später eine Brücke für den Flussübergang benötigt wurde, also bei Bedarf Rinderherden trockenen Fußes den Main überqueren konnten. Die Deutung des Namens "Ochsenfurt" durch Johann-Baptist Kestler ist daher wohl abzulehnen.

Franz Anton Passmann bringt in seinem Buch "Licht in dunkler Vorzeit" den "Ochsen" mit dem Stier als keltische Gottheit im Zusammenhang, als er nach keltischen Kultstätten in einer umfangreichen Forschungsarbeit Ausschau gehalten hat. Ähnlich deutet auch Dr. Karl Stuhl (Frankenwarte 1935, Nummer 52) darauf hin, dass auf der Höhe in Kleinochsenfurt eine Gerichtsstätte in grauer Vorzeit sich befand. Ebenso wies er auf den Gott der Karer OSOGON, der für Recht und Rechtsprechung zuständig war, wobei dann von dort der Name auf die spätere Siedlung Ochsenfurt übertragen wurde.

Geschichtliche Zentrale

Georg Spath: "Der Name Ochsenfurt" (in "Rund um den Landturm", Beilage der Ochsenfurter Zeitung, Nr. 8, 9 und 10 von 1950) bringt den Namen "Ochsenfurt" auch mit einer geschichtlichen Zentrale in Zusammenhang. Auch er meint unter Hinweis auf die oberhalb Kleinochsenfurts gelegene keltische Fliehburg, "einstmals bestand sicherlich hier oben das Gericht, um später in die neue Gründung Ochsenfurt als Stadt hinabverlegt zu werden".

Nachdem die Geschichte der Ochsenfurter Gerichtsbarkeit einen ganz anderen Verlauf nahm, ist auch diese Deutung des Namens Ochsenfurt wohl unzutreffend.

Deutungsversuche

Mit diesen bisher angeführten Deutungsversuchen rechnet Professor Hermann Nottarp in seinen namenskundlichen Untersuchungen (Haßfurt, Schweinfurt, Ochsenfurt) im mainfränkischen Jahrbuch 1955 (Seite 300 ff.) ab.

Auch er vertritt die Meinung, dass der Main, ohne Benützung einer Fähre und später einer Brücke, nicht zu überwinden war. Die Furt verlegt er an die Mündung des Ochsentals, das, wenn man rechts des Mains seinen Weg nahm, überwunden werden musste, da es früher stark wasserführend war.

Bei den Namen "Haßfurt und Schweinfurt" kann er nachweisen, dass, wie auch der Name Ochsenfurt auf ein altes Wort, das "Wasser" bedeutet, zurückzuführen ist. "ASA", später durch Abwandlung von "a" zu "o" in "OSA" und "AHA', sowie weitere Abwandlungen, bringen ihn zum Ergebnis, dass Ochsenfurt ursprünglich "Auhsnafurt", im elften Jahrhundert noch Ohsnofurt beziehungsweise Hosenafurt hieß (Übergang des germanischen au vor h und allen dentalen Konsonanten in o).

Er kommt daher zum Ergebnis, dass Ochsenfurt eine OHSE, also ein fließendes Wasser an einer Furt, bedeutet, wobei er davon ausgeht, dass diese Furt am Ausgang des Ochsentals gelegen war, die man überqueren musste, um ans östliche Ufer zu gelangen.

Man kann feststellen, dass wissenschaftliche Namensdeutungen von allen Seiten oft angegriffen werden. Es ist mir jedoch bisher nicht bekannt geworden, dass die wissenschaftliche Abhandlung von Nottarp bisher einer Kritik unterzogen worden ist, so dass vielleicht, nach dem heutigen Stand der Wissenschaft, seine Erklärung des Namens Ochsenfurt zutrifft.

"Rote Brücke"

Ein Irrtum ist dem Autor jedoch unterlaufen. Er behauptet nämlich, einer Urkunde von 1424 entnommen zu haben, dass die "Rote Brücke" das Ochsental überspannt hat. Dies ist jedoch nicht richtig. Die Nachprüfung hat ergeben, dass die von ihm zitierte Urkunde die Grenzen des Wildbannes von Uffenheim bis zur Roten Brücke beschreibt. Die Rote Brücke ist jedoch zweifellos auf der Höhe südlich von Ochsenfurt gelegen.

Von Hans Hohe