Der Schwedenkönig Gustav Adolf in Ochsenfurt 1631 


Vortrag von Herrn Rudolf Ruhl am 11.09.2005 im Sitzungssaal des Rathauses

Inhalt:

1. Warum war der 30-jährige Krieg

2. Wer war Gustav Adolf

3. Warum wohnte Gustav Adolf im Haus am Marktplatz
 - Geschichte des Hauses Hauptstraße 25 -

4. "Krise um Ochsenfurt"

5. Nachteile für die Bürgerschaft



1. Warum war der 30-jährige Krieg


Der 30-jährige Krieg war ein europäischer Religions- und Staatenkonflikt, der aus den konfessionellen Gegensätzen im Hl. Römischen Reich deutscher Nation und dem Gegensatz zwischen der Habsburger Monarchie und den Ständen sich entwickelte.
Ausgetragen wurde der Krieg auf deutschem Boden von 1618 - 1648.
Zunächst standen sich die 1608/09 gegründeten konfessionellen Bündnisse - protestantische Union und katholische Liga - gegenüber. Es kam zum protestantischem Aufstand in Böhmen. Ausgelöst durch den sog. Prager Fenstersturz 1618, weitete sich durch die Absetzung des Kaisers Ferdinand II. durch die böhmischen Stände 1619 und die Wahlannahme des pfälzischen Kurfürsten Friedrich den V. zum Religionskonflikt aus.
Ferdinand warf Böhmen mit Unterstützung der Liga nieder, Feldherr Tilly eroberte die Pfalz. Bayern erhielt die pfälzische Kurwürde 1623.
Mit einem kaiserlichen Heer schlug Wallenstein den protestantischen Söldnerführer Graf von Mannsfeld und besetzte den Ostseeraum von Pommern bis Jütland.
Beunruhigt durch die kaiserliche Machtstellung an der Ostsee, griff Gustav Adolf II. von Schweden in der Krieg ein. Landung in Pommern am 04.07.1630. Sein Vorstoß nach Süden gelang zum Sieg über Tilly bei Breitenfeld am 17.09.1631.
Frankreich, schon 1631 der Geldgeber Schwedens, griff nun auch in den Kampf ein, um der Übermacht des Hauses Habsburg zu begegnen.
Doch keiner Seite gelang es, den Krieg militärisch zu entscheiden. Siegen der Franzosen und der Schweden standen Siege der Bayern gegenüber.
Die allgemeine Erschöpfung führte nach zahlreichen vergeblichen Verhandlungen (seit 1644) am 24.10.1648 zum Westfälischen Frieden.

2. Wer war Gustav Adolf


Gustav Adolf II. geb. am 19.12.1594. 


Nach dem Tode seines Vaters 1611 wurde er im Alter von knapp 17 Jahren König von Schweden.
Sein evangelischer Glaube, der sich nach allem was wir wissen, über seine Kindheit und Jugendzeit hinaus bruchlos erweiterte und vertiefte, erhob und beflügelte ihn.
Die Bedrohung der schwedischen Großmachtstellung durch das Vordringen der habsburgisch-kaiserlichen Macht an der Ostsee, ließen ihm, von Frankreich unterstützt, 1630 in den 30-jährigen Krieg eingreifen.
Er besiegte die kaiserlichen Truppen in allen Schlachten, bis er im Kampf gegen das Heer Wallensteins in Lützen am 16.11.1632 fiel.
Gustav Adolf, auch der "Löwe von Mitternacht" genannt, wurde in kürzester Zeit populär. Sein Eifer und Tatendrang und seine betont schlichte Lebensart, seine Offenheit und seine Leutseligkeit trugen dazu bei. Hinzu kam die strenge Disziplin seiner Truppen, die sich jeden Morgen und Abend auf Trompetensignal zum Gebet zu versammeln hatten.
Obwohl ihm der katholische Gottesdienst widerstrebte, tastete er ihn nicht an.
Er zeigte hier eine erstaunliche Duldsamkeit, auch wenn dabei nicht vergessen werden darf, daß ihm der Bündnisvertrag mit Frankreich ausdrücklich auferlegt hatte, die kirchlichen Rechte der Katholiken in Deutschland unverändert zu lassen. (Bärwalde 1631)
Reichskanzler war Axel Oxenstiemer, Gustav Horn, einer seiner fähigsten Generale. 
Seine Frau Maria Eleonora, galt als eine der schönsten Prinzessinnen Europas.
Nach seinem Tod (bei Lützen am 16.11.1632) beendete der neue Oberbefehlshaber, Bernhard von Weimar, die Schlacht als Sieger gegen die Truppen Wallensteins und des kaiserlichen Generals Graf zu Pappenheims. Letzterer fiel ebenfalls in dieser Schlacht bei Lützen.
Die Inschrift des Gedenksteines von Breitenfeld lautet:
"Glaubensfreiheit für die Welt,
rettete bei Breitenfeld,
Gustav Adolf, Christ und Held".



3. Geschichte des Hauses Hauptstraße 25

Eine steinerne Tafel zeugt noch heute am Haus der Familie Ruhl von den Begebenheiten im Jahre 1631

Fotos:  Helmut Rienecker


Fritz Hertlein, (*1903 + 1978), ein Ochsenfurter Lehrer und Geschichtsforscher, hat bereits vor vielen Jahren über die Geschichte dieses Hauses nachgeforscht und festgehalten:

Von der Brücke aus führte die Handelsstraße nach Süden durch die heutige Brückenstraße zur Kirche, teilt sich hier und führt von da gegen Westen bis zum Klingenbach und gegen Osten durch die Krämergasse und biegt dann nach Süden in die Grillengasse ein. Hier erreicht man am Grillenturm durch die ,,Grillenpforte" (heute zugemauert, aber im Stadtgraben noch sichtbar) den südlichen Stadtausgang. Der Name Grillengasse kommt von der ,,Grille" (Balkenrost), die man durch die sumpfige Stelle im Graben am Stadtausgang gelegt hatte. Am Eingang zur Grillengasse aber baute gegenüber dem Roßhof (benannt nach dem Besitzer Roß), ein Ochsenfurter Bürger das heutige Anwesen Ruhl. Der Name des Bauherrn ist verschollen. 
Das vornehme und stattliche Bürgerhaus an der Grillengasse und Hauptstraße mit seiner großen Kellerei erweckte wohl die Begehrlichkeit so manches Adligen und Herrn. Ob der Deutsche Orden, dem die Stadt 1430 um 6300 Gulden verpfändet wurde, sich hier einnistete, erscheint möglich, ist jedoch vorläufig nicht nachzuweisen.


Soweit das Original von Fritz Hertlein. Er kommt nun auf eine Verbindung von der St. Nicoley Kirche in Leipzig und der "Nicoley-Pfründe" in Ochsenfurt zu sprechen.


Hatte der Besitzer des Hauses an der Ecke Grillengasse/Hauptstraße sein Anwesen der St. Nicoley Kirche in Leipzig als Pfründe vermacht und ein Stipendium eingerichtet? Auf jeden Fall verwaltete die Stadt Ochsenfurt die Pfründe und das Stipendium St. Nicoley.
Er hat wohl seinen Haus- und Grundbesitz als Pfründe St. Nicoley eingerichtet, deren Erträgnisse den Ochsenfurter Bürgersöhnen zukommen sollten.
Es gab aber noch einen anderen Liebhaber für die Behausung St. Nicoley. Dies war der Bischof von Würzburg und Herzog in Franken. Immer wieder versuchten der Domdechant und der Dompropst von Würzburg in Ochsenfurt ein Domizil zu erwerben. Dagegen kämpfte die Stadt mit Unterstützung des Domkapitels.
Nach der Gründung der Universität Würzburg im Jahre 1582 bestand eigentlich kein Grund mehr, die Bürgersöhne von Ochsenfurt nach Leipzig an die Universität zu schicken, um ihnen dort ein Stipendium von der Pfründe St. Nicoley zu geben.

So wird der fränkische Landesherr wohl die Pfründe und die Stipendien von St. Nikoley von Leipzig nach Würzburg gezogen haben. Damit aber hatte der Herzog von Franken in der Kellerei ein Domizil zu Ochsenfurt, was in der Folgezeit nicht ohne Bedeutung war. Ein genauer Nachweis für diese "Besitzergreifung" ließ sich bis jetzt noch nicht erbringen.
Im 30-jährigen Krieg traf der Schwedenkönig Gustav Adolf von Würzburg kommend in Ochsenfurt ein. Der Bischof von Würzburg und Herzog in Franken war geflohen und Gustav Adolf hatte sich zum Herrn von Franken gemacht. Als solcher nahm er Quartier im Besitz des Herzogs, dem ehemaligen Pfründeheim St. Nikoley.
Die bischöfliche Kellerei war eine herzogliche geworden. Die beigegebenen Fotokopien zeigen das.
Gustav Adolf übertrug das Herzogtum Franken und damit auch die Stadt Ochsenfurt an den Herzog Bernhard von Weimar. Deshalb auch der Auszug vom 16.02.1633 aus dem Archiv Herzog Bernhards Kellerei.

1. Gebhard Beckin zeigt an, sie sei bedacht, morgen von hier weg zu ziehen. Weil sie aber zwei Soldaten habe, bitte sie um Verordnung anderer Quartiere. Soll sich mittag wieder einfinden.

2.) Demnach ein Rat zu Stadt Ochsenfurt des 1632 Jahr über bis den 8. November wie nicht weniger vom Quartal Crucis des abgelaufenen 1631 Jahres bis zu dessen Ende unterschiedliche Zehrung und Freimachung mit Hans Heinrich Schnecken des äußeren Rats und Gastgeber Abrechnung gepflogen über alles, was er an Wein, Korn, Haber und Geld hier bevor empfangen ihm schuldig verblieben Dreihundertundneunundneunzig Gulden~ und elf Batzen. Darin sind Silber und dergleichen sollen ein- begriffen sein. Welche ihm mit ehester Gelegenheit sobald als möglich sollen gut gemacht und erstattet werden. Urkundlich ist ihm gegenwärtiger Schein an statt einer Obligation zugestellt worden.

Unterschrift 6. November



Davon empfangen zweihundert Gulden für sechseinhalb Fuder
Wein aus Herzog Bernhards Kellerei sind 200 Gulden
Für Umgeld (Umlagen aus Quartal) 72 Gulden
Für Contributien 1000 Taler Herrn
Oberst Winkler 14 Gulden 1 Batzen
Für solche Contributien Herrn Dietrich
Landmann Kind 11 Gulden 3 Batzen
Hans Weises Sohn Contributien 2 Batzen

298 Gulden 1 Batzen
Schuld man ihm noch 101 Gulden 2 Batzen 15 Pfg.


Actum den 16. Februar anno 1633

Actum 16. Februar (16)33 haben Herren Bürgermeister und Rat mit den hiesigen Metzgern und Becken abgerechnet wie folgt.

Mathes Zeitsingers
Witwe,

an die Kellerei für die königliche Majestät auch Ihrer Exzellenz Herrn Feldmarschall und Ihrer fürstlichen Gnaden

Herzog Bernhard Fleisch geben 58 Gulden 5 Batzen
In Sebastian Warmuths Haus für die Obristin Ennis 4 Gulden 2 Batzen
Dem Herrn von Gehrbrunn im Pfarrhof dahin 
geben Fleisch für 11 Gulden10 Batzen
In Herrn Johann Rummels des inneren Rats Be-
hausung, für Herrn Major von Enderlein 
Fleisch geben 10 Gulden 3 Batzen

Summa 81 Gulden 3 Batzen 5 Pfg.

Rat gehalten den 23. Februar anno 1663


Was wurde nun aus dem Haus nach dem Auszug der Schweden?
Warum kam das Haus in Privatbesitz?
1732 wird in diesem Haus ein Wachszieher Hans Georg Vollat erwähnt.
Ab dem 15.12.1782 war Justus Philipp Vollerth Besitzer dieses Hauses.
Die Familie Vollerth war eine angesehene Familie in Ochsenfurt. Ein Mitglied dieser Sippe, Wilhelm Vollerth aus Dettelbach, verwendete sein Vermögen als Vermächtnis für die Vollerth´sche Almosenstiftung in Ochsenfurt, die bis 1923 segensreich wirkte. 






Just. Philipp Vollerth hatte ein Kolonialwaren- und Materialiengeschäft. Eine Tochter Justus Philipp Vollerth´s , Eva Margarethe, war mit Peter Weigand verheiratet. Ab 1824 war Peter Weigand Besitzer des Hauses und Inhaber des Geschäftes. Peter Weigand hatte jedoch wenig Interesse am Geschäft. Deshalb zog er es vor, Bürgermeister der Stadt Ochsenfurt zu werden und übergab den Betrieb an seinen Sohn Paul Weigand im Jahre 1851.
Paul Weigand war sehr engagiert. Er entwickelte die Firma zum Großhandelsunternehmen. Die Agentur der Bayerischen Notenbank und eine Reichsbanknebenstelle sind lohnende Erweiterungen. Paul Weigand wurde 1869 - 1875 im Hauptwahlbezirk Würzburg zum Mitglied des Bayer. Landtages gewählte, und 1900 vom Prinzregenten Luitpold zum Kommerzienrat ernannt.
In den Jahren seiner größten Blüte - Mitte des 19. Jahrhunderts - war die überragende Stellung des Kaufhauses gestützt auf den Alleinvertrieb der Hamburger Angoguano-Werke ,vormals Ohlendorff & Co., wodurch der Vertrieb des vielbegehrten Guanos für ganz Bayern nördlich der Donau vorbehalten blieb. 
Große Lager in der Grillengasse (ehemalige Weinkeller) bargen die ansehnlichen Mengen an Kunstdünger und auch Salz aus dem Reichenhaller Staatsbetrieb.
Mit Fuhrwerken, mit Schiff und später mit der Eisenbahn wurde umgesetzt, und was damals das benachbarte Marktbreit als Handelsplatz für Kolonialwaren - vornehmlich vertrieben durch das gleichwerte Kaufhaus Georg Günther - bedeutete, wurde Ochsenfurt durch den Kunstdünger- und Salzgroßhandel der alteingesessenen Firma Just. Ph. Vollerth.
Paul Weigand baute einen ehemaligen Turm an der Stadtmauer (heute Zwinger 15) zur Drachenburg um. Diese bewohnte er auch ab 1890.
Am 1. Jan. 1890 ging das Geschäft an die Söhne Ferdinand und Josef Weigand über. Leider waren beide Söhne weniger erfolgreich. Deshalb mussten sie das Anwesen 1895 an den Kaufmann Carl Ruhl aus Bayreuth verkaufen. Carl Ruhl führte ab 10. Nov. 1895 das Colonial-, Drogen-, Material- und Farbwaren-, Baumaterialien-, Sämereien-, Landesprodukten-, künstliche Dünger-, Futter-mittel- und Eisenwaren-Geschäft mit gutem Erfolg weiter unter der Bezeichnung Firma Just. Ph. Vollerth, Inhaber Carl Ruhl.
Aus Altersgründen verpachtete er die Räumlichkeiten vom 1.10.1938 bis 1.10.1948 an die Bayerische Vereinsbank. Ab 1. Nov. 1948 übernahm dann der Sohn Adolf Ruhl das Anwesen.
Im vorderen Teil richtete er ein Ladengeschäft mit Eisenwaren, Werkzeugen und Haushaltswaren ein. Im Hinterhaus war der Eisengroßhandel mit Eisen, Blechen, Röhren untergebracht, welcher allerdings im Jahre 1962 in die ehemalige Windenfabrik in der Tückelhäuser Straße ausgelagert wurde.
Nach dem frühen Tode von Adolf Ruhl im Jahre 1966 ging der Besitz an den Sohn Rudolf Ruhl über.
Sicherlich hat dieses Haus eine bewegte Geschichte mit seinen Besitzern und Bewohnern. Nebenbei sei noch erwähnt, der Ochsenfurter Stadtarchivar, Herr RA Hans Hohe, wohnte auch einige Zeit in diesem Hause.
Manche werden sich nun fragen, was ist überhaupt noch aus der Schwedenzeit erhalten geblieben?
Auf dem Schild am Haus steht: "Der seit dieser Zeit in Stand gehaltene sogenannte "Schwedensaal" wurde durch Feuer in der Nacht vom 16. auf 17. März 1864 zerstört."
Aus Aufzeichnungen geht hervor, daß dieser Saal im 2. Obergeschoss reiche Schnitzereien schöner Renaissanceformen aufwies, die an den Wänden und an der schön verarbeiteten Holzdecke hervortraten. Eine Galerie von Gemälden zeitgenössischer Meister zog den Wänden entlang, darunter ein Portrait Gustav Adolfs. Dies fiel alles dem Brand zum Opfer.
Zum Glück befiel das Feuer nur das Dachgeschoss und das 2. Obergeschoss. Die Freiwillige Feuerwehr konnte sowohl die Familie Weigand als auch den unteren Teil des Hauses retten.
Renaissance-Möbelstücke sind noch vorhanden. Ob diese allerdings noch aus der Schwedenzeit sind? 
Aus der Schwedenzeit stammt sicher noch das Treppenhaus. Eine Wendeltreppe aus Sandstein, mit 85 Stufen, führt zu den einzelnen 3 Stockwerken und endet in einem Turmzimmer. Darüber ist noch eine Aussichtsterrasse.
Aus Steinmetzzeichen hat der Ochsenfurter Steinmetz Ludwig Linz die Jahreszahl 1512 festgestellt.
Zu den beiden Geschossen führen Rundbogentüren, von denen besonders der Zugang zum 2. Stock an der Innenseite ein prächtiges Steinportal zeigt, das Frühbarockformen aufweist. Oberhalb der Konsolvolute ist die Abdeckplatte mit Fialen und in der Mitte die Kartusche mit Osterlamm mit Standarte und einem 2. Lamm auf der Kartusche zu sehen. Dieser Portal wurde 1969 von der Firma Pracher Würzburg renoviert.
Sehr interessant sind noch die Fensterumfassungen aus profiliertem Sandstein in der Diele.
Sehr alt und noch sicherlich aus der St. Nicoley Pfründe ist der große Keller mit Rundbogengewölbe. Der Zugang ist von der Grillengasse aus. Es ist sicherlich anzunehmen, daß dies früher ein Weinkeller war. 
Während des 2. Weltkrieges diente dieser Keller als privater Luftschutzkeller. Aus der Grillengasse, vom Rosshof und teilweise vom Zwinger kamen bei Fliegeralarm die Anwohner und suchten Schutz. Um 100 Personen fanden sich hier regelmäßig ein.
Nach dem Brand im Jahre 1864 bemühte sich Paul Weigand aus Mitteln der v.Bielschen Stiftung um einen Ersatz für den zerstörten Schwedensaal und erhielt 1886 als Ausgleich ein großes Wandfresko. Es stellt eine Allegorie des Handels dar. Paul Weigand beschreibt das Bild: Während die "Industrie" in der Rechten die Leuchte der Wissenschaft haltend die Erzeugnisse des heimischen Gewerbefleißes vor dem Handel ausbreitet, verweist der Handelsherr Merkur den Austausch der Güter und Erzeugnisse des menschlichen Fleißes zu vermitteln. Die Attribute und Erzeugnisse des Gewebefleißes, das segelfertige Schiff und der Ausblick auf die fernen Inseln geben diesem Gedanken künstlerisch vollendeten Ausdruck. In den "Supraporten" wird "Weinbau" und "Schifffahrt" symbolisiert mit dem Wahlspruch des Hauses:
"Waege und wage".
Die weibliche Figur trägt die Züge der Frau Weigand, während der Kaufmann in den Gesichtszügen Paul Weigands dargestellt wird.
Zwischen dem vorderen Gebäude zur Hauptstraße und dem hinteren Haus in der Grillengasse mit schönem Fachwerk besteht ein Innenhof. Beide Gebäude sind mit gegenüberliegenden Arkadengängen verbunden.
Schließen möchte ich dieses Kapitel mit der Aussage Paul Weigands:


"Ernst ist das Leben, heiter die Kunst".

Ein Werk des Kunstmalers Heinrich Heim ist dieses Wandgemälde, im zweiten Stock des Anwesens Ruhl am Marktplatz, zu bewundern. Es stammt aus dem Jahre 1864. Der einstige Besitzer des Hauses, Paul Weigand, verdankt dieses Werk dem Freiherren von Biel und Kalkhorst, einem mecklenburgischen Edelmann und Künstler. 


4. "Krise um Ochsenfurt"

Der Sieg von Breitenfeld über Tilly am 17.09.1631 hat die Planungen entscheidend verändert. Jetzt blieb Gustav Adolf nicht mehr bei der Sicherung Norddeutschlands für die schwedischen Interessen, auch nicht mehr nur bei der Rettung des dortigen Protestantismus, sondern beschloss vielmehr, den Krieg in die katholischen und habsburgischen Lande Süddeutschlands und Österreichs zu erweitern. 
Gustav Adolf beschloss nun zunächst die fränkischen geistlichen Staaten zu erobern, also die Mainlinie zu sichern und ihr entlang bis an den Rhein vorzustoßen. Er teilte das Heer in zwei Gruppen. Treffpunkt sollte Würzburg sein. Am 15. Oktober 1631 zog der König in Würzburg ein. Auch die 2. Gruppe, berichtet Oberst Monro, traf auf keinen Widerstand. Allerdings lehnte man die Übergabe der Festung in Würzburg ab. Die Wachsoldaten waren an einer Stelle schlecht positioniert und wurden deshalb völlig unerwartet von einigen Schweden überrumpelt, die mit Leitern über den Wall gestiegen waren. Der Widerstand war gebrochen, die Festung Marienberg gefallen.
Reiche Beute, nach damaliger Rechtsvorstellung dem Sieger zustehend, Waffen, Schätze der fürstbischöflichen Schatzkammer und der hierher geflüchteten geistlichen Institutionen fielen den Schweden ebenso in die Hand wie die wertvolle Hofbibliothek, der Fürstbischof Julius Echter besondere Pflege hatte angedeihen lassen. Gerade für diese hatte Gustav Adolf großes Interesse, ordnete ihre Unterbringung nach Uppsala, wo sie, wie man danach erfuhr, nur teilweise angekommen ist.
In Gustav Adolfs strategischem Plan begann nun Ochsenfurt eine Rolle zu spielen. Schon am 28. Oktober beordnete er eine Garnison dorthin. Dazu veranlassten ihn Nachrichten über die Bewegung der Armee Tilly´s. Dieser hatte nach der verheerenden Niederlage von Breitenfeld zunächst die ihm verbliebenen Truppen gesammelt und konnte sich dann mit einem Kurkölner Kontingent und einigen Söldner-Regimentern auf ca. 25.000 Mann verstärken. Damit war Tilly den Schweden zahlenmäßig überlegen.
Gustav Adolf erhielt Nachricht, daß Feldherr Tilly die rechte Flanke der Schweden bedrohe. Damit wurde die Sicherstellung des Mainüberganges in Ochsenfurt entscheidend. Von hier könnte Tilly seine Front aufreißen. Deshalb entschloss er sich am 27. Oktober 1631 zu einem überraschenden Eingreifen in Ochsenfurt. 
Oberst Monro´s Aufzeichnungen geben ein lebendiges Bild:
Seine Majestät erhielt Nachricht, daß General Tilly die Absicht habe, sich auf Ochsenfurt zu werfen, um sich des Mainüberganges zu bemächtigen, wohin S. M. nur 150 Musketiere geschickt hatte, die er nun für zu schwach hielt, die Stadt zu verteidigen. Da er in Betracht zog, der Feind könnte auch auf Würzburg vorrücken und auf Ochsenfurt nur einen Scheinangriff unternehmen oder gar beides versuchen, kam König Gustav Adolf in der Nacht von der Festung herab zu seinem Quartier. Als ich zu S.M. kam, befahl mir der König, in aller Eile unsere Brigade zu den Waffen zu rufen und sie bis zu seiner Rückkehr im Stadtteil aufzustellen.
Als S. M. zurückkehrte, befahl er Hepburn, sich an die Spitze der Musketiere, 800 Mann, zu stellen und S. M. zu folgen. Mir übertrug er das Kommando der Nachhut. Wir marschierten in der Nacht aus der Stadt und wussten nicht, welchen Auftrag wir hatten. Endlich machten S.M. Oberst Hepburn seine Absicht bekannt, nach Ochsenfurt zu marschieren, begleitet von 4 Reiterabteilungen, die entlang des Mains vorrückten, während wir mit dem Fußvolk hinterherkommen sollten. 
In Ochsenfurt wurden wir über die Brücke eingelassen und rückten bis zum Marktplatz vor, wo unsere Leute den Befehl erhielten die ganze Nacht unter Waffen zu stehen, während den Offizieren Häuser benannt wurden, in denen sie die Nacht bleiben konnten. Am nächsten Morgen schickte S. M. nach Oberst Hepburn und mir und teilte uns mit, daß er die Stadtmauern von außen zu besichtigen wünsche. Er befahl 200 Musketiere unseres Regimentes vor ihn über die Brücke zu schicken. Schon in der vergangenen Nacht als S. M. in die Stadt gekommen war, hatte er 50 Reiter angewiesen, eine halbe Meile außerhalb der Stadt zwischen uns und den Feinden Wache zu halten.
Als nun S. M. hinausging, hörten wir schon, wie die Dragoner und einige Reiter des Feindes gegen unsere Wache kämpften, während S. M. mir befahl, 50 Musketiere mit einem Leutnant loszuschicken, mit dem Feind zu plänkeln, bis sich die Reiter zurückgezogen hätten.
Aber da der Feind weitaus stärker war, zwang er unsere Musketiere, ihre Stellungen aufzugeben und sich zurückzuziehen. Da aber der König vermutete, der Feind würde noch stärkere Kräfte einsetzen, befahl mir S. M. weitere 100 Musketiere unter dem Kommando eines geeigneten Offiziers den Befehl zu erteilen, ihren Kameraden unverzüglich zu helfen und er befahl mir auch, mit ihnen hinauszugehen und sie auf dem vorteilhaftesten Gelände aufzustellen. Sofort begann die Verstärkung den Kampf von neuem und zwang den Feind, sich zurückzuziehen. Als dies der König sah, war er außerordentlich erfreut und sagte, die Schotten kämpften gut und hätten die Feinde gezwungen, sich aus dem Gelände zurückzuziehen.
Der König befürchtete, Tilly könnte die Absicht haben, Würzburg anzugreifen.
Deshalb sei es höchste Zeit, dorthin zurück zu gehen. Er gab Hepburn den Befehl, die Stadt, solange er nur könne, zu verteidigen und dann, wenn es sich als nötig erweisen sollte, sich über die Brücke zurückzuziehen und sie hinter sich abzubrechen.

Dramatischer konnte die missliche Lage von Oberst Robert Monro nicht dargestellt werden. In der Nacht zum 30. Oktober 1631, so berichtet Oberst Monro weiter, vernahmen die Verteidiger von der Feindseite einen ungeheueren Lärm und befürchteten einen Generalangriff. Bei Tagesanbruch erkannte man aber, daß der Gegner eine Absetzbewegung vollzogen hatte.
Ochsenfurt blieb in schwedischer Hand. Die glückliche Endung war es wohl, die den König veranlasste, sich am 31. Oktober 1631 nochmals nach Ochsenfurt zu begeben. John Hepburn wurde befohlen, mit 500 Musketieren zu versuchen, dem Feind den Weg nach Windsheim abzuschneiden. 
Am 2. November 1631verließ Gustav Adolf wieder die Stadt. 
Die "Krise um Ochsenfurt" so sagt man besser statt die "Krise um Würzburg", wie das schwedische Generalstabswerk sein einschlägiges Kapitel überschreibt - war glücklich vorüber.



5. Nachteile für die Bürgerschaft


Die Ochsenfurter Bürgerschaft musste dem Schwedenkönig huldigen. Er erteilte den Befehl, daß die Stadt Ochsenfurt vor Plünderungen verschont blieb. Allerdings hatte die Stadt erhebliche Zahlungsverpflichtungen erhalten. Sie war mit den Kosten der Besatzung belegt worden. Es waren ständig Besatzungstruppen der Schweden und deren Verbündete in Ochsenfurt. Oberst Brinck hatte Ochsenfurt als Garnisonsstadt auserwählt.

12. Januar 1632
Der schwedische. General Gustav Hörn trifft auf die Beschwerden des Ochsenfurter Rates hin verschiedene Anordnungen.

13. Januar 1632 -
Da Gustav Adolf den Ochsenfurter Rat in Schutz, genommen hat, so verbietet der General Gustav Hörn seinen Offizieren u. Soldaten jede Belästigung des Rates. 

26. Januar 1632.
General Gustav Hörn ordnet an, dass nur 150 Soldaten in die Stadt Ochsenfurt gelegt werden sollen, und stellt einzelne Missbräuche ab.

9. März 1632 
Die schwedische Landesregierung befiehlt dem Ochsenfurter Rat die Lieferung von 14.000 Pfund Brot.

13. März 1632 
Die schwedische Regierung befiehlt dem Ochsenfurter Rat, 300 Malter Mehl zur Verproviantierung nach Würzburg zu liefern.
10. Mai 1632.
König Gustav Adolf verbietet seinen Soldaten jede Belästigung der Bauern bei ihrer Arbeit 
us.w- u.K.w.
23. Juni 1632
Frickenhausen u. Hopferstadt zur Verpflegung der in Ochsenfurt einquartierten Soldaten.
17. Oktober 1632
Die schwedische Landesregierung befiehlt der Stadt Ochsenfurt und den Gemeinden Frickenhausen u. Gossmannsdorf, täglich Da die Stadt Ochsenfurt ganz erschöpft ist, so genehmigt die schwedische Landesregierung die Beziehung v. Eibelstadt, 30.000 Pfund Brot, 300 Eimer Wein u. 
200 Malter Haber an die schwedische Armee zu liefern.

Original; Papier; das aufgedrückte Siegel ist gut erhalten.

I
m Juni 1633 wurde der Herzog Bernhard von Weimar das Oberhaupt über die unter schwedischer Verwaltung stehenden Fürstbistümer Würzburg und Bamberg.
Am 6. Sept. 1634 siegten in der Schlacht bei Nördlingen die Kaiserlichen unter General Gallus und Erzherzog Ferdinand gegen die Schweden. Damit war das Ende der schwedischen Kontrolle über Süddeutschland besiegelt.
Der Krieg ging aber weiter. 
Nun griff auch Frankreich in die Kämpfe ein. Siegen der Franzosen und Schweden standen Siege der Bayern über die Franzosen u. a. bei Tuttlingen am 24.11.1643 gegenüber.
Überall in Deutschland herrschte Not und Elend. Besonders waren die Gebiete betroffen, die in Kämpfen, Belagerungen und Kriegsschauplätzen belastet wurden
Die Bevölkerung war allgemein zurückgegangen . Handel und Wandel lagen danieder. Auch in Ochsenfurt war es nicht anders.


Nun komme ich zum Ende meiner Ausführungen.


Ich hoffe, daß ich Ihnen einen Einblick geben konnte über Gustav Adolf II., dem König von Schweden, von seiner Art, seiner Lebensweise, seinem Aufenthalt in Ochsenfurt während des 30-jährigen Krieges und diesem schrecklichen Krieg selbst.
Schließen möchte ich mit dem Ausspruch von Friedrich dem Großen:


"Der Krieg ist ein solcher Abgrund des Jammers, sein Ausgang so wenig sicher und seine Folgen für ein Land so verheerend, daß es sich die Landesherrn gar nicht genug überlegen können, ehe sie ihn auf sich nehmen".



Quellen:
Fritz Hertlein - Geschichte eines Hauses. 
Gustav Adolf Benrath, Günter Barudio - Verlag des Gustav-Adolf-Werkes Kassel-Leipzig. 
Prof. Otto Meyer/Dr. Pritzl - König Gustav Adolf. 
Kestler-Chronik. 
Lexikon "Die Zeit".
Ochsenfurt Zeitung. 
Main Post. 
Gästebuch Paul Weigand.