Die Neue Mainbrücke in Ochsenfurt ist 50

Ochsenfurt im April 2004 

 Hoffnungsvoller Brückenschlag in eine neue Zeit

 Vor genau 50 Jahren am 8. Juni 1954, einem Pfingstdienstag, wurde die neue Mainbrücke in Ochsenfurt feierlich eingeweiht. Nach fast vier Jahren Bauzeit konnte damit die bisher größte Stahlbrücke über den Main dem Verkehr übergeben werden. 

Schon vor 1945 gab es Planungen für einen zweiten Mainübergang in Ochsenfurt, vor allem um den Schwer- und Durchgangsverkehr um die Stadt zu leiten. Wie viele andere Vorhaben wurde aber auch dieses durch den Krieg zunichte gemacht. Im Zuge des Wiederaufbaus und des Ausbaus des Maines zu einer Großschifffahrtsstrasse wurden die Planungen Anfang der fünfziger Jahre wieder aufgenommen. Das staatliche Planungsbüro und die Bauleitung hatten damals ihren Sitz im Amerikahaus, der heutigen Spielstube. Neben dem Ochsenfurter Mainübergang, wurden hier auch die Brückenneubauten in Karlstadt und Sommerhausen vorbereitet. Beide Brücken waren in den letzten Kriegsmonaten durch Bomben zerstört worden. Die geplante Stahlbrücke zwischen Sommer- und Winterhausen, die unter Verwendung der alten Brückenrampen gebaut werden sollte, wurde jedoch nie so gebaut. Noch bis 1971 verband eine Fähre die beiden Gemeinden. Für den Ochsenfurter Neubau standen im ersten Planungsstadium mehrere verschiedene Varianten zur Diskussion. Eine reine Steinkonstruktion, eine Variante aus Stahlbeton, eine reine Stahlbrücke und eine Stahlbrücke mit Widerlagern aus Stein. Die Ausführung als reine Stahlbeton- oder Steinbrücke wurde aber wegen des hohen Eigengewichts der Konstruktion wieder verworfen. Denn 50 Meter tiefe Probebohrungen hatten Hohlräume in der Tiefe angezeigt. Man befürchtete durch eine zu schwere Konstruktion Setzungen in der Tiefe. Trotz massiver Einwände des Ochsenfurter Stadtrats und des neugegründeten Verkehrs- und Verschönerungsvereins wurde am Ende der leichteren, mit extra breiten Fundamenten versehenen Stahlvariante der Vorzug gegeben. Die Stadtoberen befürchteten eine "Verschandelung" durch einen Stahlbau, zudem sollte der heimischen Steinindustrie unter die Arme gegriffen werden. Im Jahr 1951 wird mit dem Einschlagen der Spunddielen und dem Ausheben der Fundamente begonnen. Für die mittragende Außenverkleidung  der Rampen und Brückenpfeiler wurden Kalksteinblöcke verwendet. Sie lagerten noch aus Vorkriegszeiten am Mainufer und waren vormals für den Bau von Reichsautobahnbrücken vorgesehen. Im April 1953 waren die Maurerarbeiten fertig und die Montage der Stahlbögen konnte beginnen. Mit Bahn und Schiff wurden die vorgefertigten, bis zu 25 Tonnen schweren Teile angeliefert und zusammengebaut. Schon 12 Wochen später konnte in einer spektakulären Aktion das letzte 15 Tonnen wiegende Stück mit Hilfe von Schwimmkränen in der Mitte eingesetzt und vernietet werden. Es dauerte dann fast noch ein Jahr um den Untergrund der Fahrbahn und die Gehsteige zu betonieren und den Fahrbahnbelag aufzubringen.   

 

Die Brücke wird gebaut 
(Bild aus dem Privatarchiv Heinz Kretzer)

Die Ochsenfurter hofften, alten Zeitungsberichten zufolge, dass der damalige Bundespräsident Theodor Heuss im Zuge der Einweihung des Rhein–Main-Donau-Kanals auch ihre Brücke eröffnen würde. Zu der feierlichen Einweihung kam er dann zwar nicht, trotzdem schien kein Mangel an hochrangigen Ehrengästen geherrscht zu haben. Der damalige Bürgermeister Jakob Gumrum und der Landrat des Landkreises Ochsenfurt Karl Remling konnten Dutzende von kirchlichen und weltlichen Würdenträgern begrüßen. Nach dem Einmauern einer Kartusche mit der Festausgabe der Ochsenfurter Zeitung in den Schlussstein der südlichen Brückenauffahrt sprach der Ochsenfurter Stadtrat und Maurerpolier Hans Grünewald den Richtspruch. Er bestand aus 25 Versen, und da nach jedem Vers ein Schluck genommen wurde, gingen, so Grünewald in seinen Erinnerungen, dabei ein paar Bocksbeutel drauf. 

Die Ochsenfurter Sing und Spielgemeinschaft, der Liederkranz und die Kirchenchöre beider Konfessionen sangen „die Himmel rühmen“ von Beethoven. Das strahlende Wetter und die bedeutende Festlichkeit hatte, so ein zeitgenössischer Beobachter, die Menschen in hellen Scharen auf die Beine gebracht. Die Festredner lobten das Bauwerk als einen „modernen Zweckbau mit Bezug zum historischen Stadtbild“, wozu der Anteil an verbautem Naturstein sicher beigetragen hat. Von der Mitte der Brücke, so wurde befunden, sei die Stadt aus einer ganz neuen, wundervollen Perspektive zu sehen.

Das konnte man dann auch. Ein „blumenüberladenes Wagengefolge“ der ADAC Ortsgruppe machte den Anfang, bevor der normale Verkehr über die Brücke rollte.

Ein wichtiger Schritt für den Straßenverkehr war gemacht und mit dem folgenden Abriss von mehreren Bögen der alten Mainbrücke wurde nach dem Bau der Schleusen die Wasserstrasse auch für große Schiffe frei. Doch schon zeigte sich das nächste Nadelöhr auf dem Weg ins Wirtschaftswunder – der schienengleiche Bahnübergang in Richtung Uffenheim. Es sollte aber noch sieben weitere Jahre dauern, bis die Bahnunterführung der B 13 eröffnet werden konnte.

In drei eleganten Bögen überspannt die Brücke den Main

 Die Brücke in Zahlen

 Bauzeit: 1951-1954
Kosten: 3,1 Millionen DM
Bewegte Massen: 30000 m³
Fundamente: 240 to Spunddielen je 8 Meter lang
Rampen und Pfeiler: Fränkischer Muschelkalk, ausbetoniert.
Bodendruck: 2,5 kg/cm²
Stahlbau: 3 Bögen, 68-102-68 Meter lang, aus 34 Teilen vernietet.
Ausführung: Fa. Seibert Aschaffenburg
Dehnung: 20 cm
Breite der Fahrbahn: 7,50 Meter
Bodenplatten: Beton Stärke 17 cm, 20 – 22 Meter lang mit Dehnungsfugen
Gehsteige: Auf Stahlkonsolen, Beton 10 cm, 2,10 Meter breit
Länge über alles: 480 Meter

Kunst am Bau:

Steintafel mit bayerischem Wappen an der Treppe der nördlichen Brückenauffahrt, in der Stirnseite dieser Rampe Schlussstein mit Jahreszahl 1954, dahinter eine Kartusche eingemauert, Steinrelief „Bundesadler“ von Willy Ax an der westlichen Rampe 

              
Adlerrelief des Ochsenfurter Bildhauers Willy Ax

 

Reparaturen und Sanierungen

 Bereits nach 18 Jahren bekam die Stahlkonstruktion ihren ersten und vorläufig letzten Neuanstrich. In der Folge waren immer wieder Ausbesserungen an den Dehnungsfugen der einzelnen Betonplatten, welche die Fahrbahn tragen notwendig. Eindringendes Wasser ließ die Stahlträger rosten und beschädigte auch den Beton. Daraufhin wurden vor zwei Jahren mehrere Zwischenträger eingezogen. Nachdem sich immer wieder Betonbrocken lösten, wurden im letzten Jahr Netze unter der Brücke angebracht, um Fußgänger, Fahrzeuge und Schiffe vor herabfallenden Teilen zu schützen.

Eine weitere Achillesferse der Konstruktion sind die Gehsteige. Sie bestehen aus nur 10 cm starkem Stahlbeton, der auf angenieteten Konsolen ruht. Sollte ein schwerer Lastwagen durch Unfall, oder Versehen darauf geraten, so könnten sie durchbrechen. Aus diesem Grund, und um die Fußgänger besser zu schützen, wurden im Jahre 2001 Stahlgleitwände zwischen Fahrbahn und Gehwegen angebracht. Das sollte jedoch nur eine vorübergehende, provisorische Lösung sein. Nach dem Bau der dritten Mainbrücke steht die längst fällige Generalsanierung des in die Jahre gekommenen Bauwerks an. Dann werden die Leitplanken und die Fangnetze hoffentlich wieder verschwinden und unsere Brücke kann ihren Namen „Neue Mainbrücke“ wieder zurecht tragen.

Bilder und Text von Helmut Rienecker